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Greenwashing bei Kosmetik

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„Greenwashing oder Greenwash (englisch; wörtlich ‚grünwaschen‘, übertragen: ‚sich ein grünes Mäntelchen umhängen‘) ist eine kritische Bezeichnung für PR-Methoden, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt.“ Quelle: Wikipedia.de

Dass „Go Green!“ gerade boomt, wissen wir alle. Wir Menschen machen uns immer häufiger Gedanken über unseren Konsum und unseren Lebensstil, wollen gesünder und nachhaltiger leben und greifen deshalb auf Bio-Produkte zurück. Sowohl die Lebensmittel- als auch die Kosmetikindustrie machen sich diesen Trend zu Nutzen. Immer mehr große Unternehmen springen auf den grünen Zug auf und bedienen die Nachfrage der Verbraucher.

Dabei werden häufig Produkte angeboten, die den Anschein erwecken sollen besonders natürlich und biologisch zu sein. Erst vor wenigen Tagen hatte ich über die „Masche“ von Lush berichtet. Die Resonanz auf den Artikel zeigt, mit welch einfachen Marketingstrategien wir alle hinter das Licht zu führen sind. „Verbrauchertäuschung“ die in der Beauty-Branche. ebenso wie im Lebensmittelbereich, absolut legal ist. Welche Stolperfallen uns im Naturkosmetik-Bereich erwarten und wie wir Greenwashing erkennen können, versuche ich im heutigen Artikel zu erklären.

Greenwashing zu erkennen ist gar nicht so einfach!

Vorweg sei gesagt: ich falle selbst immer wieder auf die ausgeklügelten PR-Maschen der Hersteller rein. In meinen Schränken befinden sich einige Produkte, bei denen ich der felsenfesten Überzeugung war, dass es sich um Naturkosmetik oder zumindest um besonders naturnahe Kosmetik handelt. In meinen Artikeln „das Spiel mit der Natürlichkeit“ und „Skandal im Scheidenmilieu“ bin ich auf einige dieser Reinfälle genauer eingegangen. Es ist manchmal wirklich nicht leicht, den Maschen der Industrie nicht auf den Leim zu gehen.

Und dennoch gibt es eine Faustregel, die wir alle beherzigen sollten: Begriffe wie „Naturkosmetik“ „naturnah“ oder „natürlich“ sagen, ebenso wie diverse pflanzliche Inhaltsstoffe und natürliche Produktdesigns, absolut NICHTS aus und sollten von uns erst mal wertfrei hingenommen werden.

Alles fängt damit an, dass die Verwendung des Begriffs „Naturkosmetik“ nicht gesetzlich festgelegt ist. Folglich steht auch nicht fest, welche Inhaltsstoffe Naturkosmetik enthalten darf und welche nicht. Damit stehen den Herstellern, bis zu einem gewissen Grad, Tür und Tor offen. Sobald ein bisschen Natur enthalten ist, kann Hinz und Kunz sein Produkt als „Naturkosmetik“ bezeichnen. Ebenso wie es für Bezeichnungen wie „Naturnah“ o.ä. keine wirklichen Regeln gibt.

Viele Kosmetik-Hersteller sind, auf Grund fehlender Regularien, dazu übergegangen, Ihre ganz eigenen Qualitätsstandards und „Naturkosmetik-Regeln“ zu definieren. Ein ziemlich kluger Schachzug! Gibt es keine Regeln, erfindet man sie kurzer Hand einfach selbst, so dass die eigenen Produkte nach den eigens aufgestellten Regeln natürlich grandios gut sind.

Sogar ÖKO-Test hatte sich 2013 in einer Sonderausgabe diesem Thema angenommen und erschreckt festgestellt „Der grüne Etikettenschwindel ist gewaltig„. Hier geht’s zum Test von Oekotest.

Große Firmen wie The Body Shop (gehört übrigens zu L‘Oréal), Yves Rocher oder Lush führen meiner Meinung nach die Verbraucher mit „grün anmutenden Produkten“ ebenso hinter das Licht, wie z.B. Beiersdorf (einer der 10 umsatzstärksten Chemiekonzerne Deutschlands ;-) ) mit der Nivea Natural Balance Linie oder wie P&G mit der Clearly Naked Serie von Herbal Essences. Aber auch kleine und unbekannte Hersteller springen auf den Greenwashing-Zug auf und bewerben Ihre Produkte als „besonders natürlich“ „mit der Kraft der Pflanzen/der Natur“ usw.

Es gibt keine allgemeingültigen Standards für Naturkosmetik – der Markt ist unübersichtlich! Mittlerweile gibt es viele Zertifikate, die in unserer Gesellschaft besonders angesehen sind. Darunter zählen die drei bekanntesten „Natrue“ „EcoCert“ und „BDIH“. Wie oben bereits erwähnt, gibt es aber keine allgemeingültigen Standards und so werden die Richtlinien für die Zertifikate von den jeweiligen Stellen selbst festgelegt. Deshalb wird dort auch bestimmt, welche kosmetischen Inhaltsstoffe als „Naturkosmetik“ durchgehen und welche nicht.

Die Zertifikate sind (zumindest aus meiner Sicht) ein guter Anfang. Viel zu oft setzen Sie aber gar nicht das um, was man selbst von z.B. einem Bio Zertifikat erwartet. Ich selbst stelle mir z.B. vor, dass ich bei zertifizierter Bio-Kosmetik ein Produkt erhalte, dass zu 100% aus natürlichen, biologischen Stoffen besteht. Das ist aber häufig gar nicht der Fall. Bei vielen der zertifizierten Naturkosmetik-Produkten finden sich statt 100% natürlicher Stoffe „nur“ naturnahe Stoffe, die letzten Endes „chemischen Ursprungs“ sind, aber dem natürlichen Stoff eben nahe kommen.

Ein weiteres Beispiel: der Fokus des BDIH-Standards liegt auf Tierschutz und Verträglichkeit. Eingesetzte, pflanzliche Rohstoffe müssen für das begehrte Siegel aus zertifizierten und ökologischen Ausgansmaterialien bestehen. Diese Vorschrift gilt allerdings nur für 15 Pflanzen(-fette/-öle/-extrakte/-auszüge). In Bezug auf die Tierversuchsfreie Herstellung und Entwicklung sollte man zudem wissen, dass Tierversuche hierfür grundsätzlich verboten sind, sofern die Versuche allerdings vor 1998 von Dritten durchgeführt wurden, gilt das Verbot nicht mehr. 

Hingucken und genau informieren ist das Einzige, das wirklich hilft. So nervig es auch ist, wer auf Nummer sicher gehen will, der darf sich nicht auf Zertifikate, Produktdesigns und Floskeln verlassen. Wenn wir uns auf die Qualität der Produkte verlassen können wollen, dann müssen wir uns selbst informieren und in das Thema einlesen. Das ist die einzig wirkungsvolle „Strategie“.

Denn: dieser ganze Kram ist absolut undurchsichtig. Wo Naturkosmetik drauf steht, muss keine Naturkosmetik drin sein. Zertifikate bedeuten nicht zwingend, dass das Produkt gut ist. Umgekehrt können aber auch nicht zertifizierte Produkte ganz toll sein. Und, besonders wichtig, auch (manchmal sogar besonders) natürliche Stoffe können Allergien auslösen und der Haut o.ä. schaden.

Ohne „Chemie“ geht’s eigentlich ohnehin kaum. Schließlich muss für die meisten natürlichen Inhaltsstoffe im Vorfeld ein chemischer Prozess in Gang gesetzt werden, um eine entsprechend „verkehrsfähige“ Masse für das jeweilige Produkt zu erhalten. „Chemie“ bedeutet ja auch nicht gleich „Gift“. Und überhaupt können wir letzten Endes nur für uns selbst festhalten, was für uns gut ist und auf was wir bei Kosmetik wert legen.

Eine Liste für unbedenkliche Kosmetika  und (weitestgehend) echte Naturkosmetik findet Ihr hier: Liste für unbedenkliche Kosmetika


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7 Antworten auf „Greenwashing bei Kosmetik“

erschrecken oder? auf diesem grund zum beispiel ist für mich nivea auch der größte schwindel schlecht hin, wie viele anderen auch. ob ich selber nun für mich entscheide, die produkte zu nutzen oder nicht, ist hier nicht von bedeutung. schlimmer finde ich die gezielte irreführung. als du von lush schriebst, war ich selber erschrocken, denn hier hat das konzept absolut eingeschlagen und ich habe an die „natürlichkeit“ der produkte geglaubt. aber, man lernt nie aus. selber versuche ich meinen „schützlingen“ das thema nahe zu bringen, jedoch bei gezielten recherchen, auch in bio märkten, erhalten sie die irreführenden infos, die du beschreibst.
und wer… befasst sich heute noch wirklich eingehend mit den inhaltsstoffen und deren wirkung? da wird die creme schlecht, bis wir alles recherchiert haben :P, also sind wir auf infos angewiesen, die uns vorgegaugelt werden.
danke für deine aufklärung und die super recherche!
liebe grüße!

Toller Artikel. Mir ist das auch schon aufgefallen, dass es viele Firmen gibt, die vorgaukeln natürliche Produkte zu haben. Ich bin beinahe mal auf das toll duftende Duschgel Original Source reingefallen. Zuhause habe ich leider erst die Inhaltsstoffe gelesen und bin fast umgefallen. Geworben wird unter anderem mit „Natur finden wir dufte“.

Woah ja, Original Source is auch ein gutes Beispiel. Da hab ich anfänglich auch geglaubt, die seien besonders natürlich.

[…] von Die Checkerin hat einen interessanten Post zum Thema „Greenwashing bei Kosmetik“ verfasst. Da ich mich seit einiger Zeit mit Naturkosmetik und Co. auseinandersetze, fand ich den […]

Greenwashing ist wirklich nervig. Ich hab das Gefühl, dass mittlerweile auf jedem herkömmlichen Kosmetikprodukt was von „natürlich“, „rein pflanzlich“ oder „organic“ zu lesen ist. Oder frei Parabenen, Aluminium etc. Das heißt ja aber noch lange nicht, dass das Produkt nicht trotzdem ein Chemiecocktail ist! Vebraucher, die sich damit nicht auskennen, sind die perfekten „Opfer“ für diese neuste Masche der Kosmetikindustrie.

Ganz ohne Chemie kommt zwar fast gar kein Produkt aus, aber ich finde, auch da gibt es Unterschiede. Es gibt harmlosere Chemiekalien und extrem aggressive und gesundheitsschädigende. Aber ich hab schon das Gefühl, dass heutzutage immer mehr Menschen auf ihre Gesundheit achten und wissen wollen, was sie sich da tagtäglich eigentlich alles so auf die Haut spachteln. Und das finde ich eine positive Entwicklung. :)

Machst du eigentlich noch einen Teil deiner Kosmetik, wie Deo, selbst, Checkerin?

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