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Kolumne

Immer wieder Sonntags (96)

In dieser Woche war es relativ ruhig. Das lag wohl nicht zuletzt daran, dass Marius krank ist und wir deshalb seit Mittwoch-Abend nicht groß was unternommen haben. Ich habe die Zeit für liegen gebliebene Arbeit genutzt. Es gab so viele Aufträge, die noch zu erledigen waren, dass es eigentlich ganz gut war, dass Marius krank geworden ist. So hatte ich mehr Motivation den ganzen Tag schreibend vor dem PC zu sitzen.

Und vor allem kein schlechtes Gefühl. Er lag ja eh im Bett. Aber mir ist da mal wieder aufgefallen, wie wenig ich selbst die Arbeit des Blogs wertschätze. Dass ich immer wieder als Erste springe, wenn irgendwo was brennt oder Hilfe benötigt wird weil „Ich hab ja Zeit. Ich arbeite ja nicht so viel wie andere.“. Dabei ist das totaler Quatsch. Oft arbeite ich sieben Tage die Woche bis abends um acht oder neun. Für mich ist das okay, es macht mir Spaß und erlaubt mir einen gewissen „Luxus“, der mir vor wenigen Jahren noch völlig fremd war. Ich genehmige mir aber nicht, diese Arbeit als Arbeit nach außen zu tragen.

Weil es einer dieser Berufe ist, die wenig Akzeptanz finden. Wie sollen andere das also ernst nehmen, wenn ich selbst es nicht entsprechend nach außen trage. So ärgere ich mich regelmäßig über andere, die mir sagen „Ich habe keine Zeit, ich muss arbeiten. Aber Du hast doch immer so viel Zeit für das, was Dir wichtig ist“ oder „Wo habt Ihr denn Stress, mit euren Halbtags-Jobs!“ und natürlich auch über mich selbst, weil ich nie sage: „Neben meinem Vollzeit-Job (!) arbeite ich zusätzlich, bis zu 40 Stunden pro Woche, für meinen Blog und unterschiedliche Auftraggeber“. Ich habe eigentlich weder Zeit noch Ruhe. Zumindest nicht mehr oder weniger als andere. Ich habe sogar in diesem Jahr so viel zu tun gehabt, dass wir mehrfach überlegt haben, ob es nicht sinnvoll wäre, jemanden einzustellen, der einen Teil meiner Aufgaben übernehmen kann.

Viele bewundern mich dafür, dass ich so viel Zeit für meine Hobbys habe. Die Zeit habe ich aber gar nicht, ich NEHME (und genehmige) sie mir. Vermutlich ist das der einzige, echte Unterschied zu anderen. Das Schreiben und all das, was damit verbunden ist, macht mir großen Spaß und ist entsprechend eine leichtere Arbeit, als z.B. mein verhasster Job als Zahnarzthelferin. Aber ich hab oft Stress, sitz manchmal heulend vorm PC weil ich mich einfach nicht mehr konzentrieren kann, aber es ne Deadline für einen Auftrag gibt oder ich so viel zu tun habe, dass ich nicht weiß, wie ich alles pünktlich fertig bekommen soll.

Und doch, wann immer jemand wegen einer Lappalie meine Hilfe oder Aufmerksamkeit braucht, bin ich gleich zur Stelle. Egal ob es eine Bloggerin ist, die zu faul zum Googlen ist und der ich dann die halbe Welt erkläre, ob es jemand aus der Familie ist, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen oder Leser des Blogs: ich lasse immer alles stehen und liegen und kümmere mich dann um die Probleme der Anderen. Wenn ich etwas absage, sage dass ich keine Zeit habe oder z.B. nicht ans Telefon gehe, habe ich sofort ein schlechtes Gewissen. Kein Wunder also, dass automatisch der Eindruck entsteht, ich hätte alle Zeit der Welt.

Viel, viel, viel zu oft stelle ich mein eigenes Leben hinter das ALLER anderen, die mich umgeben. Je mehr ich mir das bewusst mache, desto schlimmer finde ich das. Ich nehme mir gerne Zeit, aber es kann doch nicht sein, dass ich einfach alles über mich und mein Leben stelle und springe, wann immer es möglich (aber gar nicht notwendig) ist. Eine von vielen Sachen, die ich gerade versuche zu ändern, einzusehen und zu lernen.

Fakt ist nämlich, dass ich mich selbst nicht ernst genug nehme. Ich hatte darüber glaube ich schon geschrieben. Eine Leserin bei Instagram hatte es mal so treffend auf den Punkt gebracht: „Nimmst du dich denn immer ernst? Mir ist das bei deinem Trommelkurs aufgefallen. Du findest das toll und möchtest es machen, tust es nach außen hin aber auch als etwas „verrücktes“ ab. Deine „Zellen“ hören ganz genau was du da sagst. Die meisten Menschen finden ein solches Seminar dämlich und dumm und deshalb neigen wir dazu es nach außen mit Witz und „jaaa ich weiß es ist bescheuert“ zu sagen, obwohl wir vollkommen überzeugt davon sind. Es ist immer so: „ohhhh die Person nimmt mich nicht ernst, das macht mich traurig, wütend usw. „. 1. Frage für dich selbst: wo nimmst du dich nicht ganz ernst? Du wirst solche Menschen so lange wie Unkraut anziehen bis du dieses Thema fertig hast.“

Und genau so ist es. Ich nehme mich nicht ernst. Zumindest in vielen Bereichen meines Lebens. Die Erkenntnis hat vor zwei Monaten viel in mir ausgelöst und ins Rollen gebracht. Meine Überzeugungen, meine Art das Leben zu leben und zu verstehen, aber eben auch das, was ich in und aus meinem Leben mache, sind Dinge, bei denen es mir schwer fällt, dazu zu stehen. Nicht zuletzt aus Angst vor Ablehnung. Weil es leichter ist, etwas ins Lächerliche zu ziehen oder zu relativieren, anstatt vehement „Nein“ oder „Das IST so.“ oder „Ich habe keine Zeit“ oder sonst irgendwas zu sagen.

Ich habe mir vorgenommen, jede Woche mindestens bei einer Sache, bei der ich spüre, dass ich mich wieder selbst betrüge/verleugne, ganz klar Stellung zu beziehen. Bisher klappt das super gut. Interessant dabei ist, dass mein Umfeld manchmal seltsam darauf reagiert, die meisten aber plötzlich Verständnis zeigen und MICH ernst nehmen. Es führt also wirklich zum Erfolg. Das ist ein ganz irres Gefühl weil ich mich eigentlich nie ernst genommen gefühlt habe (was aber eben an mir lag und weniger an den anderen).

Auf dem Weg hilft mir übrigens gerade ganz, ganz besonders das Buch von Osho „Mut. Lebe wild und gefährlich.„. Das ist SO voller Wahrheiten, dass ich immer nur wenige Seiten lesen kann, vor lauter Begeisterung und um zu verinnerlichen, was da so alles auf mich einprasselt. Ich find Osho und all das, was er so erzählt, wahnsinnig inspirieren und interessant. Da fällt mir gleich noch was ein: ich habe bei Youtube ein Video von ihm gefunden, wo es darum geht, den Tod zu feiern (Hier ist das Video auf Youtube). Ich fand das total seltsam und kann es mir auch jetzt nicht für mich vorstellen, aber ich find es unfassbar inspirierend. Denn es zeigt, dass es IMMER eine Frage der eigenen Überzeugungen ist und dessen, was man selbst für das Leben mit auf den Weg bekommen hat. Hier ist es normal, sich auf einer Beerdigung schwarz anzuziehen, auf den Friedhof zu gehen und traurig zu sein.

Und obwohl ich mit dieser Art von Trauer, mit dem Friedhof, der schwarzen Kleidung und den Predigten wenig anfangen kann, mich kaum damit identifiziere, es eigentlich nur mache, weil es in der Gesellschaft, in der ich lebe, normal ist, kann ich mir nicht vorstellen, jemals den Tod eines geliebten Menschens zu feiern. Weil meine Grundsätze, die ich von meiner Geburt an gelernt habe, dagegen sprechen. Andere haben etwas anderes gelernt und deshalb andere Überzeugungen. Sie feiern den Tod, essen Insekten, halten Kühe für heilig oder bohren sich riesige Pflöcke durch die Nasen, wie die Apatani-Frauen. Ich find das alles hoch interessant und bin vermutlich gerade erst am Anfang meiner Reise der Erkenntnis :-D

|Gehört| irgendwelche Christmas Songs auf der Arbeit
|Gesehen| die neue Vikings* Folge und die neue The Walking Dead* Folge
|Getan| gearbeitet, gebacken, geschrieben, gefreut, gelesen, gekocht, Geschenke gebastelt
|Gegessen| Was essen wir heute KW 48
|Gedacht| siehe oben :-D
|Gefreut| über den ersten Schnee, leckeres Brot, tolle Geschenkideen, ein gelungenes DIY Cremedeo (Rezept folgt!), über die Steine in meinem Mineralien-Adventskalender (der übrigens auf Instagram in den Storys der Hit ist, ich habe NOCH NIE so viele positive Nachrichten zu einem Adventskalender bekommen)
|Gelesen|Oshos „Mut. Lebe wild und gefährlich.
|Geärgert|hauptsächlich über mich selbst
|Gekauft|einen beinah „Zero-Waste Jahresplaner*“ und Kilbeggan* (den LIEBE ich!)
|Geliebt| Schneeee! Erkenntnisse! Schneeee! 
|Geklickt|Rezeptseiten
|Geschrieben| dieses Mal habe ich über meine Novemberliebe und die passenden Schuhe geschrieben, über unser neues Gesellschaftsspiel 7 Wonders von Asmodee, über Kraftrituale und das Rezept für veganes Walnuss Möhren Brot und natürlich gab es auch einen neuen veganen Essensplan bei Was essen wir heute für die kommende Woche
|Geplant| Geschenke basteln, Aussortieren, Schnee herbei wünschen

7 Antworten auf „Immer wieder Sonntags (96)“

Ich fand deine Worte zu diesem Thema so treffend und bin mitten auf meiner Baustelle gelandet. Ich kämpfe gerade auch sehr damit, dass ich zu gefällig in diesem Leben bin. Bei mir scheint das Ganze sehr mit der Angst Verlassen zu werden zu tun zu haben und dabei Verlasse ich mich anhalten selbst. Verrückt! Ich finde jedenfalls, dass Du sehr stolz darauf sein kannst, dass es Dir gelingt Dich zu positionieren. Ich kann mir vorstellen wie schwierig das sein mag! LG

Danke Kadi, für deine aufmunternden Worte. Stolz bin ich auf jede Fall sehr, sehr. Vergisst man aber natürlich auch manchmal. Umso schöner, wenn dann ne Kadi vorbei kommt und einen drauf stößt :-)
Die Angst verlassen zu werden kann ich gut nachfühlen. Viel Erfolg bei deiner Baustelle <3

Hallo
Sich selbst ernstnehmen und als wichtig sehen …… das kann ich auch noch nicht zu 100 Prozent. Aber es wird jeden Tag besser. Vor allem bringe ich es ja meinen Kids bei. Und ich bin mit meinem erlernten “ tu alles , aber nur für andere „ kein gutes Beispiel. Deshalb muss icj es mir Tag für Tag abtrainieren. Und man stößt mit einem “ nein “ ganz oft gegen Taube und verständnislose Ohren. Aber es gibt auch ganz viele Menschen die sagen “ na endlich stehst du mal für dich „.

Das mit der Trauer ist do ne Sache. Ich war auf einer spanischen Beerdigung. Dort wurde natürlich auch geweint. Aber auch so viel gelacht und getanzt und das Leben gefeiert. Mir war das auch erst sehr suspekt. Aber je mehr ich darüber nachdenke finde ich gefallen daran “ das Leben zu feiern „. Aber das ist ein sehr komplexes Thema und das muss jeder mit sich selbst vereinbaren wie er einen Verlust verarbeitet.

Ich wünsche dir eine erholsame Vorweihnachtszeit

LG
Alex

Mit der Trauer geht es mire auch so. Ich find es faszinierend, schon immer! Osho hat in einem Video gesagt (und wahrscheinlich ist DAS auch das, was mich letzten Endes so sehr fasziniert): „Wenn ich den Tod feiere und keine Angst mehr davor habe, wovor soll ich dann noch Angst haben?“

Hallo Sanny!

Abgrenzen und mal „nein“ sagen ist immer schwer, wenn man sein Leben lang anderes gewohnt war… aber nicht unschaffbar, es zu lernen. Zunächst sind die Menschen um einen herum irritiert – die Erfahrung hast Du ja auch schon gemacht – aber auch daran gewöhnen sie sich, kann ich aus persönlicher Erfahrung berichten. Auf jeden Fall ist das ein wichtiger Schritt der Burnout Prophylaxe.

Mich würde mal interessieren, wie Marius mit Deinen Selbsterkenntnissen und Änderungen in allen möglichen Lebensbereichen umgeht. Wenn ich das so mitverfolgen kann, sind es ja innerhalb kurzer Zeit viele Dinge, die Du grundlegend ändern magst oder bereits geändert hast.
Ich wünsche Dir, dass es ihm ähnlich geht und ihr weiterhin „auf einer Welle surft“.

Liebe Grüße

Hey Silva,
Ich mag auf deinen Kommentar länger antworten. Auch, weil mir das noch so generell für den Artikel einfiel und so schön passt :-))

„When we say things like „people don’t change“ it drives scientist crazy because change is literally the only constant in all of science. Energy. Matter. It’s always changing, morphing, merging, growing, dying. It’s the way people try not to change that’s unnatural. The way we cling to what things were instead of letting things be what they are. The way we cling to old memories instead of forming new ones. The way we insist on believing despite every scientific indication that anything in this lifetime is permanent. Change is constant. How we experience change that’s up to us. It can feel like death or it can feel like a second chance at life. If we open our fingers, loosen our grips, go with it, it can feel like pure adrenaline. Like at any moment we can have another chance at life. Like at any moment, we can be born all over again.“

Das ist, worum es für mich geht.
Ich hab schon früher immer gesagt: ich würde für niemanden, nicht mal für mich selbst, die Hand ins Feuer legen. Weil ich nicht wissen kann, wie und was ich Morgen oder in drei Wochen zu einer Sache denke. Früher empfand ich dieses sprunghafte Verhalten seltsam, eben wenig beständig. Weil es nicht normal ist, kam ich mir als Person auch immer glitschig, nicht fassbar, eckig, kantig und irgenwie blöde vor. Mit den Jahren habe ich aber durch andere Menschen, die ähnliche Ansichten haben, erkannt, dass gerade DAS unfassbar bielfältig und offen ist.
Nicht-verändern bedeutet Stillstand. Sich mit dem Gegebenen zufrieden geben, zu glauben, dass man weiß, was richtig und was falsch ist, aber auch die stetige Veränderung negativ zu behaften, ist traurig und total beschränkt. Das Leben ändert sich jeden Tag und das, was (mir) heute richtig erscheint, kann morgen schon wieder hinfällig sein. Man kann nichts auf dieser Welt für immer festhalten. Früher oder später wechselt alles den Besitzer und so ist es auch mit unseren Überzeugungen und Ansichten, die ja ohnehin nur aus unseren Erfahrungen und/oder dem, was wir gelernt haben und gelehrt bekommen haben besteht.
Osho hat’s auf den Punkt gebracht: „Das Leben ist ein Mysteriun. In diesem Augenblick passt etwas und dann ist es das Richtige, danach ist schon wieder viel Wasser den Ganges hinunter geflossen, dass es nicht mehr passt und das Falsche ist.“ Das MUSS nicht sein, aber es ist oft so. Deshalb kann, zumindest ich, weder für andere noch für mich, die Hand ins Feuer legen.
Das wollte ich so generell dem obigen Artikel noch hinzufügen.

Ich liebe die Veränderung, das Auseinandersetzen und Hinterfragen mit und von Problemen, neuen Erkenntnissen, alten Verhaltensmustern, Glaubenssätzen und vermeintlichen Lösungen. Schon immer! Euch präsentiere ich das (meist) Sonntags in geballter Form. Was hier hin kommt, brodelt und arbeitet aber oft schon Jahre in mir. Veränderung findet ja niemals von heute auf morgen statt. Ich spreche momentan nur besonders viel darüber.
Auch z.B. unsere Entscheidung, uns erst mal vegan zu ernähren, die für viele hier plötzlich kam, war ein schleichender Prozess über Jahre. Seit zwei Jahren trinken wir keine Milch, seit einem Jahr essen wir keine Wurst mehr, ein halbes Jahr zuvor kein Fleisch mehr usw. Alles Veränderungen, die sich entwickelt haben. Niemand wacht morgens einfach aus dem Nichts heraus auf und sagt: Heute bin ich dieses und jenes.

Was Marius angeht: Marius ist die Veränderung in meinem Leben. Seit er da ist, lerne ich, zu sein wer ich bin und zu mir zu stehen.
Er ist und bleibt der beste Partner, den ich mir wünschen kann. Wir ergänzen uns perfekt und oft ist er die treibende Kraft. Ich hab gestern noch zu ihm gesagt: wir sind füreinander wie Therapeuten. Es wäre auch echt bittertraurig, wenn man einen Partner an der Seite hat, der Veränderungen nicht zulässt.

Hi Sanny,
puh na das ist ja mal ’ne lange Antwort ;-) Bringt aber noch mal mehr Verständnis und Einblick.
Richtig: wir kriegen als Leser ja nur einen Bruchteil mit.

Liebe Grüsse

Ps. Mal gucken, wann du deine Einstellung „Heirat, Kinder – niemals“ änderst ;-)
Wir beobachten das ganz genau…. Lach

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