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Aber es ist doch Silvester! –
Wie ich lernte, dass Silvester nichts Besonderes ist

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Seit ich denken kann, war Silvester für mich irgendwie komisch. Es bricht eine neue Zeit an. Ein weiteres Jahr ist verstrichen. Jünger werden wir nicht mehr. Aber besser kann es werden. Oder schlechter. Das was war, kommt nicht wieder. Und an diesem Tag wird das allen bewusst. Jahresrückblicke noch und nöcher. Vorsätze. An Tag 1 des neuen Jahres wird alles besser.

Silvester hat mich immer schon sentimental werden lassen. Der Gedanke an ein verstrichenes, vielleicht verlorenes Jahr. Der Neubeginn. Die frohen Menschen auf den Straßen. Die vielen Wünsche und das Feuerwerk. Der „gesellschaftliche Zwang“ einen besonderen Tag zu feiern.

All das hat auch für einen gewissen Druck gesorgt. Es MUSSTE besonders sein. Und so kam es für mich auch niemals in Frage, diesen Tag „normal“ zu verbringen. Zum Beispiel zu Hause vor dem Computer oder Fernseher.

Ich selbst war immer hin und her gerissen zwischen Party und Heulen. Zwischen Familie und Freunden. Mir war es wichtig, dass dieser Tag besonders toll wird und ich wollte immer gemeinsam mit meinen Eltern und meinem Bruder feiern. Nur 2 x habe ich in meiner Jugend Silvester ohne sie verbracht und das hat mir fast das Herz gebrochen. Um 0 Uhr hab ich heulend vor der Tür gestanden und es bereut, ohne sie zu sein :-D

Die anderen Jahreswechsel haben wir dann bei uns im Partykeller oder zu Hause verbracht. So war das für mich in Ordnung. Rückblickend betrachtet war Silvester aber immer einfach eine Party von vielen Partys. Gar nicht so besonders, wie ich es mir jedes Mal aufs Neue einredete und ausmalte.

2008 habe ich dann das aller erste Mal Silvester gemeinsam mit meinem Opa in einer Krebsklinik gesungen. Der erste Auftritt war furchtbar. Diese todkranken Menschen zu sehen. Wie sie da sitzen und versuchen, den Abend zu genießen. Obwohl sie wissen, dass es für sie vielleicht kein Morgen mehr gibt. Das hat mich fertig gemacht und ich schwor mir, nie wieder dort zu singen. 

Dann entschied ich mich aber anders. Jedes Jahr aufs Neue habe ich Silvester damit verbracht, kranken Menschen einen schönen Abend zu bereiten. Es war jedes Mal eine absolute Erfüllung diesen Menschen dort etwas Gutes zu tun. Gleichzeitig war ich aber auch jedes Mal um Punkt 0 Uhr traurig. Es ist doch Silvester! Ich war traurig, weil ich ohne meine Eltern und meinen Bruder feierte. Traurig, weil Silvester doch besonders sein muss.

Nachdem mein Opa dann 2013 starb, fielen auch die gemeinsamen Auftritte an Silvester weg. Und plötzlich war wieder dieses Gefühl da: Silvester MUSS besonders sein. Wir müssen alle zusammen sein und diesen Tag albern, laut und wild feiern. Immerhin beginnt ein neues Jahr und alles kann besser werden. Oder schlechter. Es könnte wieder jemand sterben und dann hätten wir Silvester gar nicht gemeinsam verbracht.

Das erste Mal in meinem Leben entschied ich mich bewusst dafür, Silvester nicht mit meiner Familie, sondern mit Freunden zu feiern. Weil ich Angst hatte, dass es zu traurig werden würde. Und wieder war Silvester zwar schön, aber eben auch traurig. Weil ich diesem Tag so viel Bedeutung gab und so viel erwartete, das gar nicht erfüllt werden konnte.

Als dann 2014 mein Dad starb, war es noch gruseliger. Der Druck noch größer, die Angst stärker. Wie soll dieser Tag jemals wieder besonders werden? Tatsächlich fiel die Silvesternacht von 2014 auf 2015 auch dementsprechend miserabel aus. Zwar war ich mit dem „Rest meiner Familie“ zusammen, aber es war eben nicht besonders. Nicht so, wie ich mir Silvester immer ausmalte. Und DAS war der Moment, in dem ich langsam begriff, was zu tun ist.

2016 habe ich den Mut gefunden, das erste Mal in meinem Leben zu Hause zu bleiben. Alleine mit meinem Freund. Egal was alle anderen machen, wir bleiben zu Hause. Die ersten Stunden waren für mich ziemlich seltsam. Ständig dachte ich „Aber es ist doch Silvester!“. Ich surfte durchs Netz und sah, wie viele diesen Tag offenbar einfach zu Hause auf der Couch verbringen. Überall Fotos und Postings von Menschen im Jogger, die vor dem Fernseher sitzen. 

Mich hat das erst total schockiert. Wie können die sich dabei wohlfühlen? Es ist doch Silvester! Das muss besonders sein! Dann aber fing es an normal zu werden und Bewunderung in mir hervor zu rufen. Dass es so viele Menschen da draußen gibt, die den Tag nehmen wie er ist. Als einen von vielen Tagen im Jahr. Das fand ich so gemütlich und schön! Irgendwann konnte ich dann los lassen. „Scheiß doch auf Silvester, verdammt nochmal und verbringe einen weiteren schönen Tag mit deinem Freund!“

So hauten wir uns den Magen mit Essen voll, spielten Gesellschaftsspiele, schlugen uns gemeinsam bei Hearthstone, hörten Musik, tanzten und tranken. Um 0 Uhr haben wir uns ne Sektflasche und Gläser geschnappt, sind zu unseren Freunden rüber, um anzustoßen. Wir verbrachten einen der entspanntesten Tage überhaupt.

Am Neujahrstag saß ich hier tiefenentspannt und glückselig. Am ersten Tag eines neuen Jahres, von vielen neuen Jahren die noch folgen. Weil ich diesen verdammten „Aber es ist doch Silvester“-Fluch los geworden bin. Silvester ist Silvester ist Silvester. Tag 365 des Jahres. Nicht mehr und nicht weniger. Der Kalender zählt neu, der Rest aber bleibt. Es ändert nichts am Leben. Am Hier und Jetzt. Und eigentlich ist es völlig egal, was ich mache. Solange ich mich dabei wohlfühle.

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17 Antworten auf „Aber es ist doch Silvester! –
Wie ich lernte, dass Silvester nichts Besonderes ist“

Sandra! Den Bericht hast du wunderschön geschrieben. Und wie Recht du hast. Früher dachte ich auch immer „Du musst irgendetwas tolles machen“, nachdem mir aber jedesmal irgendetwas die Laune versaute, habe ich es auch einfach sein gelassen. Warum sollte ich mir den Jahreswechsel von sich zoffenden Pärchen verderben lassen?

Wir saßen gestern auch zu zweit in Jogginghose auf der Couch. Es gab lecker zu Essen und auch zu trinken, dazu gab es peinliche Musikshows. Sogar Partypopper hatten wir und einen schönen silvesterlich gedeckten Tisch. Es war einfach entspannend :)

Euleee <3
Dankeschön!
Dachte mir schon fast, dass es vielen genauso ging oder geht. Die zoffenden Pärchen kenne ich auch von den Partys früher. Oder Leute, die noch sentimentaler werden als ich und den ganzen Abend heulen :-D Gruselig!

Wir haben uns auch Glückskekse geholt und Bleigießen (ohne geht nich :-D). Hab zwar keinen Jogger angehabt aber das eigentlich nur, weil ich Lust hatte, mich zu schminken und das in Kombi mit dem Jogger alles verdorben hätte hahaha

Wir feiern Silvester auch immer gemütlich zusammen. Heute war ich sogar schon um halb zwei dann im Bett. War ein toller Abend, aber jetzt auch nicht der „besondere Tag“. Nachts haben wir noch ein bißchen geknallert (das muss bei uns sein) :-)

Ja die Knallerei gehört bei uns auch dazu, find ich auch absolut in Ordnung. Immerhin sollen ja die bösen Geister auch verscheucht werden :-D

ich war schon immer ein silvester muffel. habe es mit einige partys versucht, fand es aber immer doof die pappnase aufzusetzen und auf knopfdruck gut drauf zu sein.
irgendwann, ich denke es sind mittlerweile schon 10 jahre…, habe ich aufgehört mich an diesem abend zu stressen und fein zu hause zu bleiben und oder bei meiner familie um gemeinsam zu essen.
mehr aber auch nicht und ich finde es okay so :)
liebe grüße!

Ein wirklich klasse geschriebener Post von dir!
Ich kenne das Gefühl und den Druck, den hab ich mir auch jedes Jahr gegeben – und auch dieses Jahr wieder. Obwohl ich wusste, dass ich daheim feier, weil ich meinen Hund nicht allein lasse. Ud trotzdem immer der Gedanke: Aber es ist doch Silvester, es muss doch heute etwas ganz Großes passieren. Essen und Spielen und eine gemeinsame, schöne Zeit mit meiner Familie können doch nicht ausreichend sein, für einen Tag wie Silvester…!

Und gestern las ich dann auf Instagram, wie viele wirklich daheim sind und einfach nur Fernsehen. Ich war ehrlich baff und fühlte mich gar nicht mehr so weit „außen“, weil ich geschminkt und im Blüschen beim Zocken mit meinen Tanten einfach auf meinem Wohnzimmerteppich saß…und das an Silvester…

Ja ohne Witz, auf Insta konnt man ausnahmsweise mal das „Real Life“ sehen. Da kam niemand (zumindest in meiner Timeline) auf die Idee, irgendwas zu schönen. Hatte sogar fast das Gefühl, dass es besonders „up to date ist“ im Jogger auf der Couch zu sitzen :-D
Die Sache mit dem Jogginganzug kam für mich zwar nicht in Frage, schon alleine deshalb weil ich gar keinen Jogger habe, aber das bloße „nichts Besonderes tun“ hat schon gereicht.
Ich hab mich für den Abend noch schick gemacht weil ich da Lust zu hatte, hab aber schon zwei Stunden später meinen Rock gegen ne bequeme Hose eingetauscht, mit der es sich aufm Computerstuhl besser zocken lässt :-D

Mit den Erkenntnissen steht 2016 doch nix mehr im Weg, oder ;-)

Liebe Sandra! Du schreibst mir aus dem Herzen! Irgendwie muss ich auch immer aufpassen, dass mich Silvester nicht traurig macht und jedes Mal, wenn ich nicht bei meiner Familie bin, bin ich nicht ganz glücklich. Dieses Jahr war es allerdings zum Glück mal wieder anders. Ich habe bei meinen Eltern zu Hause mit meiner lieben, früheren Nachbarin gefeiert. Meine Eltern waren zwar aus dem Haus, aber ich war glücklich, weil ich wusste, dass ich sie gleich, am nächsten Vormittag wiedersehen würde! Die letzten 10 Jahre habe ich immer weiter weg, bei meiner Arbeitsstätte gefeiert und ich habe jetzt mal wieder sehr deutlich festgestellt, dass ich viel glücklicher bin, wenn ich in meinem Heimatort feiern kann.

Ich kenn das gut…früher war ich immer auf der Suche nach toller Action: Party bei Freunden oder in einer Disco mit Freunden. Irgendwann hatten wir keinen Bock mehr drauf, durch die Nacht mit lauter besoffenen und wild böllernden Idioten zu reisen und haben einfach mal entschieden, es uns zu zweit mit unterschiedlichem Fondue gemütlich zu machen. Das hat auch was :-)
Ausgerechnet gestern wollten wir uns mal wieder mit Freunden treffen, aber mein Magen spielte verrückt…somit gabs dies mal dann auch nur ein bisschen Käsefondue für mich und wenig Action.
Ach ja: früher als ich noch zuhause wohnte, war das anders – mein Papi hat am 1.1. Geburtstag und da wurde immer reingefeiert mit Familie und Freunden. Aber seitdem ich nicht mehr zuhause lebe, hat sich das irgendwie ausgeschlichen, weil wir Weihnachten zusammen feiern und Muttis Geburtstag am 27.12. Die Zeiten und Gebräuche ändern sich eben und das ist gut so.
Letztlich sollte jeder es so machen, wie es für einen an Silvester am besten passt – nichts ist richtig oder falsch.

Versteh ich zu gut!
Bei mir war es v.a. dass ich irgendwann merkte, dass ich einfach nicht gerne gezwungenermaßen lange wach bin. Das macht mir keinen Spaß und meist saß ich dann da und dachte: „Ist endlich Mitternacht?? Biiitteeee“
Dieses Jahr habe ich bewusst darauf verzichtet lange wach zu sein. Zwei Freundinnen kamen vorbei, wir aßen Raclette und redeten. Lustigerweise bis Mitternacht. Dann bin ich trotzdem ins Bett. Am nächsten Morgen ging es in die Therme. Entspannt ins neue Jahr, statt müde und verkatert. Daran kann ich mich gewöhnen :)

Uh ja, am nächsten Morgen in die Therme (oder sonst wo hin zum entspannen) ist ne super gute Idee. Da wird es an Neujahr ja sicher total leer sein. Das merk ich mir für kommendes Silvester mal ;-)

Sehr mutig, mit Konventionen zu brechen!! Weihnachten zählt bei mir nur die Kernfamilie. Kids und Kerl. Alle anderen sollen schauen, wo sie sich einnisten, jedenfalls nicht bei uns und das gilt eigentlich für alle Feiertage.
Silvester zu zweit in Ruhe zu Hause musste ich allerdings der Tat erst mühsam lernen. Keine Ahnung warum…. Als die Kids anfingen, auf ihre 3tägige Goasilvesterparty zu gehen. Jetzt nehm ich es wie es kommt. Ruhig am See und nächstes Jahr mit den ganzen Irren und Hermes House band am Brandenburger Tor grölen.

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