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Kolumne

Immer wieder Sonntags 197

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|Gesehen| Vikings*, wie kraftvoll Gruppen sind die ein gemeinsames Ziel haben
|Gehört| Waiting for Lucy„, „Welt der Wunder“ und meine Playlists
|Getan| gekocht, gearbeitet, gemalt, gelesen, geredet, geweint, gelacht, getanzt, gewachsen, gedacht
|Gefreut| über authentische Tanz-Begegnungen, eine wunderschöne Kerze zur Hochzeit, Gemeinschaft
|Gelesen| „Die ganze Welt ist eine große Geschichte und wir spielen darin mit.*“
|Gekauft| ein Zirbenholz Räucherstövchen*
|Geliebt| mein Tanzwochenende
|Geschrieben| meinen Entzückblick für 2019 und den neuen Essensplan
|Geplant| Digital Detox, Wandern, zur Ruhe kommen, Rauhnächte feiern


Willkommen zum letzten „Immer wieder Sonntags“ in diesem Jahr. Ich gebe zu, dieses Mal habt ihr viel zu lesen. ABER! Ihr könnt es euch ja einfach für die nächsten Tage aufteilen ;-)

Meine Oma

Anfang des Jahres schrieb ich im Artikel über unsere Erfahrungen mit Pflegeeinrichtungen:

(…) Vor der Zukunft für meine Oma in diesem Haus habe ich Angst, denn dort werden sie spätestens in ein paar Jahren, dem Pflege“aufwand“ meiner Oma nicht mehr gerecht werden können.

Eigentlich war das schon die ganze Zeit der Fall, aber jetzt hat sich die Lage sehr zugespitzt. Ich habe mich binnen weniger Sekunden in eine der schlimmsten Zeiten unseres Lebens zurück versetzt gefühlt, als meine Mutter uns über den akuten Zustand meiner Oma berichtete.

Wenn man hört, wie es meiner Oma geht und was dort mit ihr gemacht wird bzw. was eben nicht gemacht wird, möchte ich ziemlich viele fiese Sachen auf einmal sagen und tun. Man möchte der ganzen Welt sagen: LEUTE! Was geht hier ab? Wie kann das sein? Wer ist zuständig? Macht den Laden dicht!

Aber leider haben Marius und ich diesen Kampf schon einmal geführt und erlebt, dass eine Krähe der anderen kein Auge auspickt. Dass kein Mitgefühl da ist, so lange es nicht der eigene Kopf ist, der rollt oder der eigene Hintern, der gerettet werden muss.

Diese ganze Sache ruft alte Emotionen in mir hervor, die ich damals verschüttet habe. Ich bin sofort unbändig und unglaublich wütend, aber auch traurig. Traurig darüber, dass sich in 10 Jahren NICHTS an diesem System verändert hat. Dass man keine Handhabe hat. Keine Beweise. Dass das was dort und in vielen anderen Einrichtungen täglich abgeht (zum Großteil) völlig legal ist.

Ich bin müde. Müde, immer wieder mit diesen verachtenden Zuständen konfrontiert zu werden. Müde, mir die immer selben scheiß Ausreden anzuhören. Müde, irgendeine Form von Mitgefühl diesen Menschen gegenüber zu entwickeln.

Und ich hoffe inständig, dass das Heim, in dem meine Schwiegermutter untergebracht ist, schnell einen Platz für meine Oma hat.


Heimliche Mitleser

Beschäftigt hat mich diese Woche gedanklich außerdem der Umstand, dass ich gleich mehrmals mit den Interpretationen/Vorurteilen/Gedanken von Menschen konfrontiert wurde, die mich von früher „kennen“ und hier „heimlich“ mitlesen. Ich höre förmlich ihre Gedanken.

„Das ist doch nicht mehr Sandra.“ „Das ist alles wegen Marius.“ „Die hat sich nie wieder gemeldet – einfach so.“ „Völlig abgespaced.“ „Nach dem Tod ihres Vaters ist die irgendwie abgedriftet.“ „Man kommt ja auch nicht mehr an sie heran.“ „Die ist nicht ganz dicht.“ „Die war ja schon immer ein bisschen anders.“ „Unverschämt, einfach nichts mehr mit mir zu tun haben zu wollen und nichts zu sagen.“

Ich möchte euch ein paar Selbstfindungsfragen stellen. Fragen, die für jeden interessant sind, der jemanden in seinem Leben vermisst, aber nichts dafür tut, etwas zu verändern:

Was weißt du von mir? Und damit meine ich: von MIR. Nicht aus dem Internet. Nicht von meiner Familie. Nicht von Freunden oder Bekannten. WAS weißt du von MIR? Wann haben wir das letzte mal gesprochen oder geschrieben? Wann haben wir uns ehrlich miteinander auseinander gesetzt? Über etwas geredet, das uns bewegt? Darüber gesprochen, wie sich was warum entwickelt hat?Wann hast du mich gefragt, wie es mir geht? Und wann hast du dich aufrichtig dafür interessiert? Wenn dir eine Beziehung wichtig ist, meldest du dich dann bei der Person? Und wenn du es nicht tust: ist es dir dann wirklich wichtig? Wenn es dir wirklich wichtig ist: warum meldest du dich dann nicht? Was magst du lieber: dir ein Urteil über eine Person und ihr Leben zu bilden, in dem du von Außen allen möglichen Kram zusammen würfelst und daraus dein eigenes Bild bastelst? Oder findest du es schöner, dir ein Urteil zu erlauben, in dem du mit der Person selbst sprichst? Wie würdest du dich fühlen, wenn andere über dich urteilen, aber NIE das Gespräch mit dir suchen?

Mir haben die brodelnde Gerüchteküche und der Wuppertaler-Flurfunk nochmal gezeigt, was ich in meinem Leben möchte und was nicht. Ich möchte Menschen um mich, die mich UND meinen Partner schätzen und respektieren. Die mich ernst nehmen und nichts von dem, was ich tue oder getan habe belächeln.

Mein Umfeld bestand früher zu einem nicht unerheblichen Teil aus Menschen die einfach alles, was ihnen unbekannt, unbehaglich oder sonst wie fremd/eigenartig/andersartig war, ins Lächerliche gezogen haben. Namasté hahaha. Keinen Alkohol trinken hahaha. Vor Gericht gehen, um sein Recht zu erstreiten hahaha. Spiritualität hahaha. Ich war genauso und muss immer noch sehr dafür kämpfen, nicht in alte Muster zu verfallen, in die ich nicht fallen möchte. (hier habe ich darüber geschrieben, wie der Abbau von Vorurteilen mein Leben bereichert).

Neben einigen wenigen, die hier „heimlich“ mitlesen und sich dann irgendwo anders darüber auskotzen, wie seltsam ich geworden bin oder was ich alles Schlimmes mit meiner Familie und mit Freunden anstelle, gibt es zum Glück auch die andere, deutlich größere Seite. Menschen, wie meine Freundin Carina, die mich schon ewig kennen und meine Veränderung wertschätzen.

(…) man sieht dir deine innere Veränderung an.
Sandra, ich kenne dich ewig und ich kann wirklich sagen, du hast noch nie so „gut“ ausgesehen. „Gut“ im Bezug auf glücklich und mit dir selbst im reinen.
Du strahlst es einfach aus!
Deine Zufriedenheit ist ansteckend und es macht so eine große Freude, Teil deiner Wandlung zu sein und sie so miterleben zu können

Auch wenn ich mich also manchmal doch noch über „alte Verstrickungen“ aufrege, weil es irgendwas in mir und mit mir macht, so liegt mein Fokus auf dem, was mir Positives entgegen gebracht wird. Das bleibt natürlich auch so, aber manchmal muss auch der Dreck erst aufgewirbelt werden, damit man ihn sehen und wegkehren kann.


Mein Opa

Die Emotionen, in Bezug auf die „Heimlichleser & Lästerer“, aber auch in Bezug auf die Situation mit meiner Oma, haben mich in dieser Woche begleitet und ich habe sie mit auf das Blind Dance Wochenende genommen.

Dort ging es dieses Mal um Krafttiere und Ahnen. Letzteres war eine echt harte Nuss für mich und ich habe mich bei den Tänzen dieses Mal echt gequält. Es waren sehr stille, in sich gekehrte und manchmal auch wütende Tänze . Mit vielen Tränen und wenig Freude/Euphorie (vom heutigen Tanz abgesehen)

Ich habe bei dem Ahnenthema auch über meinen „echten Opa“ gesprochen, der als Stadtstreicher so viele Menschen berührt und bewegt hat. Seine Geschichte bewegt mich total. In meiner Familie war er kaum Thema. Meine Oma hatte nur Schlechtes aus ihren Erfahrungen heraus zu berichten. Aber das Internet ist voll mit Berichten darüber, welche positiven Erinnerungen die Menschen an meinen Opa haben.

„Ja, der Captain! :-)
Sein Zuhause war eine offene Garage mit einem Stück Wellblech davor dort am Anfang wo es zum Kirchberghäuschen rauf geht auf der rechten Seite.
Ich bin damals Taxi gefahren und hatte ihn ab und zu als Fahrgast, meist wenn es ihm nicht so gut ging um zu Laufen. Ein Ausspruch von ihm ist mir immernoch in Erinnerung: ‚Bring mich zu meinem Hut, der arbeitet noch‘. :-)
Er hat sich bis zum Schluss seinen Stolz bewahrt und ich hatte immer großen Respekt vor ihm. :-) Ob er erfroren ist weiß ich nicht so genau, er war einige Zeit davor schon ziemlich krank, da kam wohl einiges zusammen. Jedenfalls war er eine Seele von Mensch und eine echte Bereicherung für Bensheim. Viele Menschen kamen nur um mit diesem lebenserfahrenen Mann zu reden.
Gott hab ihn seelig!“

„Aber die Leute kannten und schätzten ihn und haben auch etwas hinein geworfen, wenn er gar nicht da war.
Viele kamen zu ihm um sich mit ihm zu unterhalten und Rat aus seiner großen Lebenserfahrung zu suchen.“

„Ich hatte mich auch mit Hein angefreundet. Er war mal zur See gefahren und hatte im Seemannsheim eine Zeit mit Freddy Quinn verbracht. Nachdem sich seine Frau scheiden liess, hatt er das Arbeiten eingestellt. Sie sollte nämlich keinen Pfenning Unterhalt von ihm bekommen.“

„Auch ich kann mich sehr gut an ihn erinnern….er hatte immer ein offenes Ohr für uns Jugendliche…war immer höflich und unheimlich freundlich. Er hat zu Bensheim gehört und hat mit seinem Tod sicher eine große Lücke hinterlassen…Ich denke noch gerne an ihn zurück“

„Immer wenn meine Oma aus Lindenfels zu Besuch kam mit dem Bus und in der Stadt an ihm vorbei lief sagte er: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind – es ist die Elli und sie besucht ihr Kind“. Die beiden haben sich super verstanden und oft rum gealbert.“

„Nach der Schule kamen wir bei ihm vorbei, wir wussten von seiner Vergangenheit und seinen Zweifeln/ Gründen, warum er auf der Straße lebte. Er ist der Grund, warum ich heute ganz anderes mit dem Thema Obdachlosigkeit umgehen. Er gehört zu meiner Jugend und ich bin tief berührt, dass es so viele Menschen gibt, die noch immer so an ihn denken.“

„Ach ja, der Hein, war n toller Kerl. Was war das damals ein Schock, als die Nachricht rum ging, der Hein ist im Weinberg erfroren aufgefunden worden. Er war ne richtige Kultfigur geworden. Friede seiner Asche!“

Für mich ist diese Geschichte der Inbegriff der Tatsache, dass es IMMER zwei Seiten gibt. Dass jeder Mensch Gründe hat, weshalb er wie handelt und denkt. Dass es Gutes und Schlechtes gibt. Dass das was uns andere Menschen erzählen, immer aus ihrer Perspektive und ihren Erfahrungen entsteht. Es ist eine Momentaufnahme und die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.

Sein Bild dabei zu haben und seine Geschichte im Herzen, das tat irgendwie gut. Er ist einer der Verstoßenen in meiner Ahnenlinie und ich find es wirklich schade, nicht mehr von ihm erfahren zu können. Aber ich weiß zumindest, dass ich meine Naturverbundenheit und den Freigeist von ihm habe ;-)


Blind Dance

Meine Erkenntnisse/Erlebnisse in den Tänzen waren sehr tiefgreifend. Dieses Mal vor allem verbunden mit einem allumfassenden Weltschmerz. Beim Tanz zum Thema „Evolution“ wurde mir irgendwie klar , „dass wir alle eins sind“. Der Grundstein wurde vor, keine Ahnung wie vielen zig Millarden Jahren, gelegt. Ein „Samenkorn“. Pflanzen. Tiere. Menschen. Wir sind eins. Und trotzdem kämpfen, quälen und töten wir. Jeden Tag aufs Neue.

Diese Erkenntnis hat mich im Tanz irre gemacht. Ich spürte eine so unbändige Wut auf alles und jeden. Hätte die Welt am liebsten aus den Angeln gehoben, geschüttelt und neu sortiert. Auch jetzt verspüre ich noch den Drang danach, dass diese Erkenntnis bei allen ankommt und wir ENDLICH handeln, statt uns „Fuck you, Greta“ Aufkleber aufs Auto zu kleben. Puh.

Gestern Abend fand dann der Tanz in die dunkelste, längste Nacht des Jahres statt. Ich hab sicher eine Stunde nur da gestanden. Mitten im Raum. Um mich herum tobte das Leben. Es wurde wie wild getanzt, gejubelt und gefeiert, während ich die Geschichten und Schicksale meiner Ahnen, insbesondere den Verlust meines Vaters und meines Opas, betrauerte. Ich hab geweint und geweint und die Welt hat sich weiter gedreht. Es war wie „in echt“. Wie damals.

Wenn jemand stirbt, bleibt die Welt nicht stehen. Sie dreht sich weiter. Und ich habe es so sehr genossen, in all dem Trubel endlich mal inne zu halten. Meinen Vater und meinen Opa gehen zu lassen. Die furchtbaren Phantasien zum Tod meines Vaters einmal komplett zu durchleben und dann los zu lassen. Die möglichen Qualen der beiden. Meine Angst davor, sie tot zu sehen und gleichzeitig die Traurigkeit darüber, sie nie wieder gesehen zu haben. So als seien sie vom Erdboden verschluckt worden.

Das alles raste durch mich durch und legte sich auf meinen Körper, wie ein bleiernes Kleid. Irgendwann befreite ich mich wild tanzend von all der Trauer und fiel friedlich zu Boden, wo mich der Boden sicher eine weitere Stunde, von den Tänzen der anderen bebend, einfach nur fest hielt und zum Takt der Musik hin und her wog.

Heute gab es dann den Tanz ins Licht. Ein krönender Abschluss, bei dem ich wieder ein Stück Sandra frei getanzt habe. Und insgesamt ein Wochenende, mit 22 wundervollen Männern und Frauen. Wir alle sind VÖLLIG verschieden, aber passen für diesen Moment so gut zusammen.

Das Vorher/Nachher Foto spricht mal wieder Bände.


Digital Detox

Das war es für mich für dieses Jahr hier und auf den Kanälen. Ich werde mich bis zum 5. Januar 2020 aus der Onlinewelt zurück ziehen und im Nichts tun üben. Zumindest Nichts in Bezug auf meine Arbeit. Damit werden auch die sozialen Medien in den nächsten zwei Wochen nicht bespielt und „Immer wieder Sonntags“ fällt nächste Woche „zwischen den Jahren“ aus.

Ich wünsche euch eine wunderschöne Zeit und genau das, was ihr braucht, damit ihr euch genau jetzt gut fühlt oder zumindest besser fühlt. Wahlweise eure Familie, Freunde, Mut, Liebe, Wahnsinn, Mitgefühl, Ideen, Chancen… :-) Für alle die Weihnachten feiern, eine besinnliche Zeit. Für alle denen es schlecht geht, einen Lichtblick. Für alle die arbeiten müssen, wenig Stress & Drama. Und für alle-alle ein spannendes, neues Jahr.

Wer Inspiration sucht, für die kommenden Tage, dem möchte ich noch den ein oder anderen Artikel ans Herz legen:

Über (mein) Weihnachten:

Zwischen den Jahren

Über und zu Silvester

Eine Antwort auf „Immer wieder Sonntags 197“

Liebe Sandra,

ich sehe dich als sehr positiven Menschen und das ist genau für viele ein Problem: Wenn du einen Menschen verlierst oder krank bist oder was auch immer und dich trotzdem zurückkämpfst, dann eckt das bei Menschen an, die genau das eben nicht können.
Menschen, die jahrelang vielleicht nicht mit dir geredet haben, verurteilen dich plötzlich, halten dich für schräg oder wie du sagst: „abgespaced“ oder ganz plötzlich „schon immer etwas anders“.
Was hast du diesen Menschen voraus? Deine wirklich sehr hervorzuhebende, herzensgute Art. Und vielleicht es gerade das – dieses „Ich geb‘ nicht so viel auf das, was andere denken“, was genau diese Menschen stört.

Menschen mögen es nie, ihre Fehler aufgezeigt zu bekommen. Und positive Menschen wie du machen das unbewusst, einfach indem sie ihr Leben LEBEN.

Ich sehe es immer so: Positive Menschen kommen mit schweren Krisen besser zurecht. Negative Menschen fallen in ein „warum ich?“, „warum schon wieder?“ oder „ich bin doch so ein guter Mensch“.
Sie sehen selbst nicht, dass sie mit ihrer negativen Art verletzen – nicht nur andere, sondern auch sich selbst.
Und es passt nicht in ihr Weltbild, einen Menschen zu sehen, der das alles wegstecken kann – wenn auch mit viel Seelenarbeit, aber trotzdem wegstecken kann.

Liebe Grüße,
Nati

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